(© Melanie Vogel) Dass Teilzeit für viele Frauen oft die einzige Möglichkeit ist, Beruf und Familie zu vereinbaren, ist kein Geheimnis. Dass die verminderte Arbeitszeit nicht nur ein Karrierehemmnis darstellt, sondern zusätzlich für persönliche Frustrationserlebnisse und das Gefühl der Benachteiligung und geringeren Wertschätzung führt, zeigte eine Studie, die wir 2013 in Zusammenarbeit mit der Cologne Business School (CBS) unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Anja Karlshaus erstellt haben.
Ziel der Umfrage war es zu erfragen, welchen Herausforderungen Frauen in ihrer Karrierelaufbahn gegenüber stehen.Eine parallel durchgeführte Umfragen bei Unternehmen diente dazu herauszufinden,ob Frauen die angebotenenKarrierechancen nutzen und wenn dem nicht so ist, aus welchen subjektiven Empfindungen heraus, dieseWahrnehmung entsteht.
Insgesamt wurden 142 Frauen und 22 Unternehmen bundesweit befragt. Von den 142 befragten Frauen haben 67 Prozent der Frauen einen akademischen Abschluss, 70% haben sich seit Ausbildungs-bzw. Studienendekontinuierlich weitergebildet. 68% der befragten Frauen arbeiten Vollzeit, 32% sind in Teilzeit tätig. 74% der befragten Frauen sind im Angestelltenverhältnis beschäftigt, 15% haben eine Führungsposition mitund 7% eine Führungsposition ohne Personalverantwortung inne. Je 3% der befragten Frauen arbeiten immittleren Management bzw. im Top-Management.
Auf die Frage nach den Aufstiegsmöglichkeiten aus einem Teilzeitarbeitsverhältnis heraus gaben nur 27% der inTeilzeit arbeitenden Frauen an, Aufstiegsmöglichkeiten zu haben, 73% verneinten diese Option. 50% der Frauen, die sich in Teilzeitbeschäftigung befinden, fühlen sich im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen benachteiligt und bei unternehmerischen Entscheidungen ausgeschlossen. Als Begründung geben sie an, dass interne Stellen meist schon an ihre männlichen Kollegen vergeben sind oder die Frauen Tätigkeiten ausüben, die keine herausragenden Qualifikationen erfordern und daher auch nicht „beförderungswürdig“ sind. Das Gefühl der persönlichen Unterforderung schwingt hier bei allen Frauen deutlich mit – ebenso wie die Tatsache, dass Teilzeitarbeit bei einerberuflichen Neuorientierung innerhalb oder außerhalb des Unternehmens von allen Frauen als ein Hindernis empfunden wird.
Als zusätzliches Manko sehen die in Teilzeit arbeitenden Frauen, dass sich die Arbeitszeit und das Gehalt aufgrund der Teilzeittätigkeit zwar verringert haben, der Umfang der Aufgaben jedoch gleich geblieben ist.
Karrierefrust Teilzeit
84% der Teilzeitbeschäftigten gaben zusätzlich an, dass ihnen keine Maßnahmen zur Frauenförderung angeboten wurden. Vergleicht man diese Angaben mit denen der Vollzeitbeschäftigten, werden die Unterschiede deutlich: Nur 27% der Vollzeitbeschäftigten fühlen sich bei einer Beförderung im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen benachteiligt. Auch steigt hier der Prozentsatz bezüglich der angebotenen Karrieremaßnahmen für Frauen. Im Gegensatz zu den Teilzeitkräften, die mit nur 16% angegeben haben, dass ihnen Maßnahmen angeboten wurden, gaben dies 32% der Vollzeitbeschäftigten an.
Frauen in einem Vollzeitarbeitsverhältnis schätzen auch ihre Beförderungschancenhöher ein als Frauen in einem Teilzeitarbeitsverhältnis. Frauen, die in einer Teilzeitbeschäftigung tätig sind, fühlen sich weniger gefördert und in ihren Leistungen weniger anerkannt. Auch hier werden Unterschiede zu den Vollzeitbeschäftigten deutlich: Nur 9% der Teilzeitkräfte aber immerhin 37% der Vollzeitkräfte fühlen sich von ihren Vorgesetzten sehr gefordert. Diese Differenz zeigt sich auch bei der Anerkennung ihrer Leistungen. Sehr anerkannt fühlten sich 16% der befragten Frauen in Teilzeit und 37Prozent der Befragten in Vollzeit.
Mit Teilzeit ins Top-Management? Fehlanzeige!
Dass eine Teilzeitbeschäftigung den Weg nach oben erschwert, bestätigt auch die parallel durchgeführte Unternehmensbefragung. 68% der Unternehmen gaben an, Frauen in einem Teilzeitarbeitsverhältnis eine Position im Mittelmanagement zu ermöglichen. Für 73% der befragten Unternehmen ist ein Aufstieg in das Top-Management in einem Teilzeitarbeitsverhältnis allerdings nicht möglich. Die Gewichtung der Teilzeit-Aufstiegsmöglichkeiten – vom mittleren Management und Top-Management – verhält sich damit annähernd komplementär zueinander.
Um herauszufinden, welche Faktoren ein Karrierehindernis für den Aufstieg in Top-Positionen darstellen könnten, wurde anhand einer Multiple-Choice-Frage ermittelt, welche Charakteristika aus Unternehmenssicht für eine Position im Top-Management von Bedeutung sind. Durchsetzungsfähigkeit, Flexibilität, hervorragende Leistungen, Belastbarkeit und eine Beschäftigung in Vollzeit sind die aus Unternehmenssicht fünf wichtigsten Kriterien.
Flexibilität und hervorragende Leistungen stehen in der Wichtigkeit an zweiter Stelle. Während Frauen selten in ihrer Leistung enttäuschen, so können gerade Frauen, die in Teilzeit arbeiten und parallel Kinder betreuen oder Angehörige pflegen, weder den Faktor „Flexibilität“ noch den der Vollzeitbeschäftigung erfüllen. Zwei offensichtlich elementare Hindernisse aus Unternehmenssicht für den Weg nach oben.
Die Benachteiligung von Frauen, die in einem Teilzeitverhältnis arbeiten, ist dem Umstand geschuldet, dass Unternehmen keine den Lebensphasen angepassten Karrieremodelle anbieten. Nur 36% der befragten Unternehmen haben eine lebensphasenorientierte Personalpolitik integriert und damit für Frauen – und Männer – Voraussetzungen dafür geschaffen, dass familienintensive Lebensphasen sich nicht nachteilig auf die Karriere auswirken.
„Lebensphasenorientierte Teilzeit-Führungsmodelle gewinnen zukünftig aus mehreren Gründen, wie beispielsweise dem drohenden Fachkräftemangel oder dem zu beobachtenden Wertewandel in der Gesellschaft, an Bedeutung für den unternehmerischen Erfolg“, meint Prof. Dr. Anja Karlshaus (Cologne Business School). „Arbeitgeber sollten sich dementsprechend mit Instrumenten wie Lebensarbeitszeitkonten, Familienteilzeiten, Kinderbonuszeiten bzw.auch diversen Altersteilzeitmodellen auseinandersetzen. Diese Instrumente funktionieren jedoch nur, wenn es den Unternehmen auch gelingt, eine lebendige und ernstgemeinte `Kultur der flexiblen Arbeitszeit` zu schaffen.”